Eine Frage des Friedens und des Volkes
Langsam aber sicher dämmert es auch den optimistischsten Zeitgenossen, dass die Friedensbedingungen für Deutschland hart ausfallen werden. Wie soll man damit umgehen? Nun wo endlich der Kaiser abgesetzt und das Volk souverän wurde, könnte man es ja auch schließlich über den Friedensvertrag abstimmen lassen. Zugleich weiß man aber auch: man will Frieden und man will den Hunger beenden.
Volltext:
Die Veröffentlichung der Friedensbedingungen.
Danzig Freihafen.
Der Friedensvertrags-Entwurf enthält unabhängig von den militärischen, maritimen und flugtechnischen Bestimmungen und den Satzungen über den Völkerbund Artikel über die Entschädigungen, die Sanktionen und die Verantwortlichkeit, die grundsätzlich die Verantwortlichkeit aller Urheber von Verbrechen und Greultaten während des Krieges feststellen. Eine genaue Inhaltsangabe wird ohne Zweifel an dem tage veröffentlicht werden, an dem der vollständige Wortlaut den Deutschen mitgeteilt wird.
Weiter besagt der diplomatische Tagesbericht u. a.: Der Viererrat versammelte sich am Karfreitag Morgen. Er behandelte die Danziger Frage, man soll die Bestimmung angenommen haben, wonach Danzig als Freihafen betrachtet wird, dessen Verwaltungsmandat den Polen gegeben wird. Die Frage der italienischen Forderungen wurde auf morgen verschoben. Der Viererrat beschloss, die Redaktionskommission zu ersuchen, den Text des Vertrages bis zu einem festgesetzten Zeitpunkt fertigzustellen. Die Schaffung einer Kommission aus Vertretern des Kriegs- und Marinedepartments wurde beschlossen, um alle Bestimmungen des Vertrages über das Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen durchzuarbeiten.
Volksabstimmung über den Frieden?
Der „Vorwärts“ gibt eine Äußerung des Pariser „Homme Libre“ wieder, der erklärte, die Deutschen würden nicht lange in Frankreich weilen, da sie lediglich ja oder nein zu sagen hätten bei allen Bedingungen der Entente hinsichtlich der Garantien und Wiedergutmachungen; nur in der Frage nach der Art, wie die Durchführung der angenommenen Bedingungen stattfinden solle, sie eine Erörterung zulässig. Das sozialdemokratische Zentralorgan erklärt hierzu:
„Sollte diese Meldung richtig sein - und es bestehen gute Gründe, sie für richtig zu halten -, dann wird sie selbstverständlich auch auf die Dispositionen der deutschen Regierung ihre Rückwirkung haben müssen. Um einen Diktatfrieden entgegenzunehmen, dazu bedarf es nicht des Aufwands einer großen Friedensdelegation, sondern es wird genügen, einen zuverlässigen Kurier nach Versailles zu schicken, der das Schriftstück in Empfang nimmt. Man wird dann in Deutschland darüber beraten können, wie man sich zu seinem Inhalt weiter zu stellen gedenkt und vielleicht zu dem Mittel einer allgemeinen Volksbefragung greifen, um die Meinung des Volkes selbst darüber festzustellen.“
Auch die „Kölnische Zeitung“ berichtet, daß man an eine Entscheidung durch Volksabstimmung denke. Es seien, um auf alle Möglichkeiten gerüstet zu sein, Vorarbeiten vorgenommen worden, so daß eine Volksabstimmung unmittelbar nach Bekanntgabe der Friedensbedingungen erfolgen könne.
Die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ setzt noch einmal auseinander, daß die Gefahr, von der Lloyd George spricht - „daß die Welt in Stücke geht, wenn das Gespenst des Hungers durch die Welt schleicht“ - nur durch die gemeinsame Arbeit aller Nationen gegründet auf einen Rechtsfrieden, gebannt werden könne.
Quelle:
Vossische Zeitung vom 19. April 1919, Nr. 201 Abendausgabe
In: http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de/index.php?id=dfg-viewer&set%5Bmets%5D=http%3A%2F%2Fcontent.staatsbibliothek-berlin.de%2Fzefys%2FSNP27112366-19190419-1-0-0-0.xml
Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Stadt_Danzig#/media/File:Danzig_1939.png