Die Weimarer Republik – Deutschlands erste Demokratie

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Der Posener Aufstand bricht los

Der bereits seit Wochen schwelende Konflikt zwischen der Deutschen und der Polnischen Republik entlud sich schließlich Ende Dezember in der Provinz Posen. Im 'Posener Aufstand' - im poln. 'Powstanie Wielkopolskie', d.h. Großpolnischer Aufstand - kamen deutlich über 1.000 Menschen bei den Kampfhandlungen ums Leben. Während der eigentliche Auslöser des Konfliktes ein Besuch des späteren Ministerpräsidenten Ignacy Jan Paderewski, der den Nationaldemokraten nahe stand, in Posen war, wird der tiefere Grund weiter unten im Koschminer Anzeiger genannt. Die Wahl zur Nationalversammlung stand vor der Tür, daher wurden von polnische Seite zuvor vollendete Tatsachen geschaffen und eine gewaltsame Abtrennung der Provinz erreicht.

Diese Ausgabe war die letzte des Koschminer Anzeigers, jedoch drängten die darin repräsentierten nationalistischen Kreise in späteren Jahren stets auf eine militärische Rückeroberung der Provinz.

Volltext:

Zu außerordentlich bedauernswerten Vorgängen ist es gestern (Freitag) in Posen gekommen. Zur Mittagszeit war das Grenadier-Regt. Nr. 6 aus dem Felde eingetroffen. Von dort aus wurden, nachdem am Vormittag dem Abgeordneten Paderewski von polnischen Schulkindern Ovationen dargebracht worden waren, eine deutsche Kundgebung angeregt. Gegen 4 Uhr bewegte sich von der Grenadier-Kaserne aus der Zug, an dem Soldaten und Zivilbevölkerung teilnahmen, nach der Stadt. Unterwegs kam es mehrfach zu Zwischenfällen, als die Soldaten einige Fahnen, besonders französische und amerikanische herunterrissen. In der Wilhelmstraße kam es zum ersten Zusammenstoß; die Deutschen sangen „Deutschland, Deutschland über alles“, die Polen riefen: „Niech zyje Polska“ („Es lebe Polen“). Es entstand ein allgemeines Durcheinander und ein furchtbarer Lärm, sodaß Einzelheiten nicht festzustellen waren. Als der Umzug eben vorüber war, sah man, wie mehrere Soldaten mit Gewehrkolben aufeinander losschlugen, gleich darauf fielen die ersten Schüsse. Dann wurden Truppen alarmiert, die schnell heranrückten und gleich darauf kam es an verschiedenen Stellen der Stadt zu regelrechten Feuerkämpfen, zum Teil mit Maschinengewehren und Handgranaten. Es gab Tote und Verwundete, deren Zahl noch nicht festgestellt ist. Der Schauplatz der Straßenkämpfe war hauptsächlich Wilhelmplatz, Wilhelmstr., St. Martinstraße und Schloßplatz. Zwischen 5 und 6 Uhr wurde der Straßenbahnverkehr eingestellt; er wurde aber heut morgen wieder aufgenommen. Auf die Meldung von der bevorstehenden Ankunft von Truppen aus Berlin sind bewaffnete Mannschaften polnischer Nationalität mit Maschinengewehren und Handgranaten nach dem Bahnhof abgerückt. Das Polizeipräsidium ist heute vormittag von den Polen besetzt worden. Gestern nachmittag begab sich die hier weilende Vertretung der englischen Mission mit polnischen Vertretern zum Generalkommando, um gegen die Ausschreitungen zu protestieren. Als der Chef des Stabes erklärte, daß man doch in Preußen sei, und feindliche Fahnen nicht dulden könne, brachen die englischen und polnischen Vertreter die Verhandlungen ab. Ein Bericht an die Alliierten ist nach Mitteilung des polnischen Obersten Volksrates bereits abgegangen.

[…]

Bekanntmachung.

Die Wählerlisten für die Wahl zur verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung liegen in der Zeit vom 30. Dezember 1918 bis einschließlich 6. Januar 1919 im hiesigen Magistratsbüro (Stadtsekretariat) zur Einsicht der stimmberechtigten Wähler aus.

Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerlisten sind bis zum Ablaufe der Auslegungsfrist bei dem unterzeichneten Magistrate anzubringen.

Wahlberechtigt sind alle deutschen Männer und Frauen, die am Wahltage (19. Januar 1919) das 20-ste Lebensjahr vollendet haben.

Koschmin, den 23. Dezember 1918.

Der Magistrat.

Quelle:

Koschminer Zeitung und Anzeiger Nr. 104 / Jg. 31 vom 28.12.1918

In: http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de/kalender/auswahl/date/1918-12-28/27260112/

 

Bild:

https://pl.wikipedia.org/wiki/Powstanie_wielkopolskie#/media/File:Bundesarchiv_Bild_146-1968-034-19A,_Exekution_von_polnischen_Geiseln.jpg

https://pl.wikipedia.org/wiki/Powstanie_wielkopolskie#/media/File:POL_Warsaw_11th_nov_greater_poland_upraising.jpg

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Ein Projekt des Weimarer Republik e.V. mit freundlicher Unterstützung

Glossar

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis der verwendeten Literatur:

ADGBAllgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund
AEGAllgemeine Elektricitäts-Gesellschaft
AfA-BundGeneral Free Federation of Employees
AVUSAutomobil-Verkehrs- und Übungsstraße
BMWBayrische Motorenwerke
BRTBruttoregistertonne
BVPBayerische Volkspartei
CenterZentrumspartei
DAPDeutsche Arbeiterpartei
DDPDeutsche Demokratische Partei
DNTDeutsches Nationaltheater
DNVPDeutsch-Nationale Volkspartei
DVPDeutsche Volkspartei
KominternCommunist International
KPDKommunistische Partei Deutschlands
KVPKonservative Volkspartei
MSPDMehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands
NSNationalsozialismus
NSDAPNationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei; Nazipartei
NVNationalversammlung
O.C.Organization Consul
OHLOberste Heeresleitung
RMReichsmark
SASturmabteilung; Brownshirts
SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands
SSSchutzstaffel
StGBPenal Code
UfAUniversum Film Aktiengesellschaft
USPDUnabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands
VKPDVereinigte Kommunistische Partei Deutschlands
ZentrumDeutsche Zentrumspartei
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(zusammengestellt von Dr. Jens Riederer und Christine Rost, bearbeitet von Stephan Zänker)