Die Weimarer Republik – Deutschlands erste Demokratie

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Das leise Ende der Soldatenräte

Von den großen Zeitungen weitestgehend unbemerkt hat sich die oberste Vertretung der Arbeiter- und Soldatenräte in Berlin aus Ermangelung an Aufgaben, Rückhalt und der Tatsache, dass es nun mit der Nationalversammlung eine demokratisch gewählte Vertretung gibt, einfach selbst aufgelöst. Ganz stimmt die Meldung der Rhön-Zeitung dazu allerdings nicht: wenngleich die Soldatenräte de facto keine Macht mehr haben, so existieren sie teilweise - mehrfach gespalten - bis in das Jahr 1920 fort.

Volltext:

Abbau der Soldatenräte.

Die Einsicht von der Überflüssigkeit der Soldatenräte ist in der letzten Vollsitzung der Groß-Berliner Soldatenräte in ziemlich überraschender Weise zum Ausdruck gekommen. Das Präsidium gab folgende Erklärung ab:

„Durch die Nationalversammlung ist eine neue, vom deutschen Volke bestätigte Regierung eingesetzt worden und andererseits auch die Befugnisse der Soldatenräte neu geregelt. (Zuruf: Abgewürgt!) Nach Auffassung des gesamten Präsidiums hat die Vollversammlung der Groß-Berliner Soldatenräte nunmehr kein Arbeitsgebiet und keine Arbeitsberechtigung.

Es tritt an ihrer Stelle jetzt der Garnisonsoldatenrat und die Korpssoldatenräte. Infolgedessen stellt das Bureau seine Tätigkeit hiermit ein.“

Die Worte weckten bei den unabhängigen Mitgliedern der Versammlung stürmische Entrüstung, so dass sich der Vorsitzende veranlasst sah, die Amtsniederlegung des Präsidiums noch wie folgt zu begründen:

„Wir legen unser Amt nieder, weil wir Soldatenräte keine Daseinsberechtigung mehr haben. (Sich zu den Unabhängigen wendend): Sie werden sich der Neuregelung der Kommandogewalt auch fügen trotz Ihrer schönen Reden. In ganz Deutschland hat man gegen die Verfügung des Kriegsministeriums protestiert und fügt sich schließlich doch. Die Vertretung der Truppen ist nicht mehr unsere Pflicht, sondern die eines zu bildenden Garnison-Soldatenrates. Wir haben keine Daseinsberechtigung mehr, weil wir die wir hier, 300 Mann stark, versammelt sind, keine 20000 Mann mehr hinter uns haben.“

Die Versammlung sprach schließlich dem Präsidenten ihr Misstrauen aus, dadurch wird aber an den [nicht lesbar] Verhältnissen nichts mehr geändert werden.

Reichsversammlung der Arbeiter- und Soldatenräte am 16.12.1918

Quelle:

Rhön-Zeitung vom 18. Februar 1919, Nr. 41

In: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00172672/RhoenZ_1919-0145.tif?logicalDiv=jportal_jpvolume_00197143

 

Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeiter-_und_Soldatenrat#/media/File:Bundesarchiv_Bild_146-1988-036-29,_Reichsversammlung_der_Arbeiter-und_Soldatenr%C3%A4te.jpg

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Ein Projekt des Weimarer Republik e.V. mit freundlicher Unterstützung

Glossar

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis der verwendeten Literatur:

ADGBAllgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund
AEGAllgemeine Elektricitäts-Gesellschaft
AfA-BundGeneral Free Federation of Employees
AVUSAutomobil-Verkehrs- und Übungsstraße
BMWBayrische Motorenwerke
BRTBruttoregistertonne
BVPBayerische Volkspartei
CenterZentrumspartei
DAPDeutsche Arbeiterpartei
DDPDeutsche Demokratische Partei
DNTDeutsches Nationaltheater
DNVPDeutsch-Nationale Volkspartei
DVPDeutsche Volkspartei
KominternCommunist International
KPDKommunistische Partei Deutschlands
KVPKonservative Volkspartei
MSPDMehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands
NSNationalsozialismus
NSDAPNationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei; Nazipartei
NVNationalversammlung
O.C.Organization Consul
OHLOberste Heeresleitung
RMReichsmark
SASturmabteilung; Brownshirts
SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands
SSSchutzstaffel
StGBPenal Code
UfAUniversum Film Aktiengesellschaft
USPDUnabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands
VKPDVereinigte Kommunistische Partei Deutschlands
ZentrumDeutsche Zentrumspartei
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(zusammengestellt von Dr. Jens Riederer und Christine Rost, bearbeitet von Stephan Zänker)