Die Bombardierung Bremens ... durch deutsche Truppen
Anfang des Februars 1919 kam es zur gewaltsamen Niederschlagung der Räterepublik in Bremen. Freikorps sollten im Auftrag der Regierung eine drohende Abspaltung vom Reich verhindern. Die Bremer Räterepublik bestand kaum einen Monat und war im Januar 1919 von Vertreter von USPD und KPD gegründet worden. Parallel hierzu versuchten Linksradikale im Januar eine wesentlich größere "Nordwestdeutsche Republik" zu etablieren und diese aus dem Reich herauszulösen. Nach dem Einmarsch der Division Gerstenberg in Bremen wurden diese Pläne aufgegeben.
Volltext:
Volltreffer im Rathaus. – Rückzug der Arbeiter auf Gröpelingen. – Der Einzug der Regierungstruppen in Bremen.
Bereits im Laufe des gestrigen Nachmittags und Abends nahmen die Vorpostengefechte im Landgebiet du am Rande der Stadt an Umfang zu. Es kam zeitweilig zu lebhaften Kämpfen, in denen laut Mitteilung der Stadtkommandantur Bremen 7 Tote auf seiten der Bremer und 12 Tote auf seiten der Division Gerstenberg gezählt wurden. Die Zahl der Verwundeten soll auf beiden Seiten etwa 40 Mann betragen.
Seit heute früh setzte der Angriff mit allen Mitteln moderner Kriegstechnik ein. Die Aufständischen verteidigen sich hartnäckig. Starker Geschützdonner und lebhaftes Maschinengewehrfeuer rollen durch die Stadt. Die Straßen und Plätze um das Rathaus herum sind abgesperrt, wodurch auch der Straßenbahnverkehr teilweise unterbunden wird. In der übrigen Stadt läuft der Verkehr relativ gut bis auf die Zugangsstraßen zur Stadt, wo die bewaffneten Aufständischen sich den vorrückenden Regierungstruppen entgegenstellen. Im neuen Rathause ist das Rote Kreuz untergebracht. Mehrere Granaten schlugen in unmittelbarer Nähe des Domes, der Börse und des Rathauses ein. Das neue Rathaus erhielt Volltreffer durch das Dach, ebenso der Nordturm des Domes in halber Höhe. Eine Granate, die in unmittelbarer Nähe der Börse einschlug, zertrümmerte durch ihre Splitter sämtliche nach Norden liegenden Fensterscheiben der Arbeitsräume des Boesmannschen Telegraphenbureaus.
Gegen 2½ Uhr flaute das Bombardement ab. Während dieser Zeit sah man die ersten Verwundeten in das Rathaus tragen. Eine weitere Anzahl Schwerverwundeter soll, wie berichtet ird, im Rathaus liegen. Ueber die weiteren zweifellos beträchtlichen Verluste ist im Augenblick nichts Näheres zu erfahren. Gegen 3½ Uhr herrschte Ruhe.
Wie wir weiter hören, haben die Aufständischen in den ersten Nachmittagsstunden den Kampf als aussichtslos eingestellt und den Rückzug auf Gröpelingen angetreten. Einzelne Trupps verteidigen sich noch todesmutig im Innern der Stadt und an den Brückenübergängen. Verhandlungen wurden angestrebt. Um 4 Uhr setzte das Bombardement in alter Stärke wieder ein. Die Aufständischen halten die Uebergänge der Weser. Um 6 Uhr sind die Regierungstruppen in die Stadt eingedrungen und haben den Markt, das Rathaus und die Börse besetzt. Auch das Boesmannsche Telegraphenbureau erhielt eine Besatzung von Regierungstruppen.
Quelle:
Berliner Tageblatt vom 05. Februar 1919, 48:52 (1919), Morgen-Ausgabe, S. 1.
Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Gerstenberg#/media/File:WallerFriedhof-03b.jpg