Victor Klemperer: Hört sie sich eigentlich selber zu?
Der Haussegen hängt schief im Hause Klemperer. Der Orgelunterricht seiner Frau wird zur Streitfrage. Ansonsten berichtet er von privaten Auseinandersetzungen mit Freunden und zukünftigen Reiseplänen, sowie seiner anstehenden Vorlesung.
Volltext:
Dienstag Mittag 21 Januar 19
Frl Buckel u. ihr Jüngling waren gestern Nachm. bei uns. Ihr Stimmchen reicht nur eben gerade zum Hausgebrauch; unbegreiflich, wie sie an Conzertieren denken kann – aber sie wird ja auch ihren Mecklenburger Landmann heiraten u. Kinder kriegen. - [...] Heute morgen starke Katastrophe bei E., weil ich neulich ihrem Orgelspiel an meinem zu geringen Verweilen in München schuld gegeben. Daran schloß sich eine lange Auseinandersetzung, ob sie bis Ostern hierbleiben oder gleich mit mir nach München kommen solle. Beschluß: wir reisen Mittwoch, 28/1, gemeinsam. Vorher fahre ich nach Berlin. Lerch schrieb mir heute, meine Vorlesung könne am 6/II, Don., beginnen.
Ich bin Eva gegenüber in meinem Gewissen sehr bedrückt. Zugleich auch sonst arg deprimiert.
Lectüre: Schneegans, Molière.
Quelle:
Nowojski, Walter (Hrsg.), Victor Klemperer. Leben sammeln, nicht fragen wozu und warum. Tagebücher 1918 - 1924, Berlin 1966, S. 55.
Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Victor_Klemperer#/media/File:Klemperer--bild--um1930.jpg