Ein Schlag gegen Miethaie
Neben dem Verfassungswerk hat die Nationalversammlung auch anderes zu tun. Nach dem Krieg und der Rückkehr von Millionen Menschen von der Front bzw. besetzten Gebieten ist der Mietraum in Deutschland extrem knapp. Eine gute Zeit für Miethaie, doch die Reichsregierung versucht dagegenzusteuern und droht in dieser Verordnung gegen Wucher bei der Vermittlung von Mieträumen massive Strafen an.
Volltext:
Auf Grund des §1 des Gesetzes über eine vereinfachte Form der Gesetzgebung für die Zwecke der Übergangswirtschaft vom 17. April 1919 wird von dem Reichsministerium mit Zustimmung des Staatenausschusses und des von der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung gewählten Ausschusses folgendes verordnet:
§ 1
Es ist verboten, durch öffentliche Bekanntmachung oder sonstige Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind,
1. Belohnungen für den Nachweis von Mieträumen oder den Abschluß von Mietverträgen über Mieträume auszusetzen,
2. Mieträume unter einer Deckadresse (Buchstabenabdresse und dergleichen) anzubieten,
3. Mieträume anzubieten unter Aufforderung zur Abgabe von Preisangeboten,
4. Mietwohnungen unter der Bedingung des gleichzeitigen Erwerbes von Einrichtungsgegenständen anzubieten.
§ 2
Wer dem Vorbote des § 1 vorsätzlich zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu zehntausend Mark bestraft.
§ 3
Die gleiche Strafe (§ 2) trifft denjenigen, welcher sich für den Nachweis oder die Vermittlung von Mieträumen von dem Mieter Vermögensvorteile versprechen oder gewähren läßt, die einen von der Gemeindebehörde für Rechtsgeschäfte dieser Art festgesetzten Satz übersteigen. Die Gemeindebehörden sind zur Festsetzung derartiger Sätze berechtigt.
§ 4
Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Der Reichsarbeitsminister bestimmt den Zeitpunkt, an dem sie außer Kraft tritt; sie tritt spätestens am 31. Dezember 1920 außer Kraft.
Weimar, den 31. Juli 1919.
Das Reichsministerium: Bauer
Quelle:
Reichsgesetzblatt, Jg. 1919, S. 1364.
Bild:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Deutsches_Reichsgesetzblatt_1919_146_1364.jpg