Neues aus Weimar ... also dem Staat ...
Weimar ist nicht nur der Tagungsort der Nationalversammlung. Weimar ist auch Hauptstadt des größten der thüringischen Staaten. Dementsprechend viel Gewicht soll Weimar im zukünftigen Land Thüringen haben, obwohl Jena und Gera deutlich mehr Einwohner haben. Dies gefällt nicht allen. Dennoch nimmt die Landesneugründung langsam Fahrt auf. Der Landtag beschäftigt sich auch mit anderen wichtigen Fragen. Der Landesviehversicherungsanstalt zum Beispiel...
Volltext:
Weimarischer Landtag.
Weimar, 7. Juli. In der heutigen Landtagssitzung wurde die Debatte über den Staatsantrag über die Errichtung einer Thüringischen Landesviehversicherungsanstalt fortgesetzt. Während die Maßnahmen über die Schlachtviehversicherung gebilligt werden, stieß die Viehverbandsversicherung auf starken Widerstand nicht nur seitens der Deutsch-Nationalen, sondern auch seitens eines Teiles der Demokraten. Die Vertreter der Landwirtschaft wiesen auf die Gefahr hin, die die Einführung dieses neuen Zwanges bei der Landwirtschaft nach sich ziehen würde. Als Vertreter des Viehhandelsverbandes sprachen Regierungsrat Prof. Rauch und Dr. Hochstetter. Nach dreistündiger Debatte wird der Ausschußantrag unter der Bedingung, daß die Gültigkeit der Verordnung der Regierung einer Zustimmung des Landtages bedarf, mit großer Mehrheit angenommen. Dem Entwurf des Uebergangsgesetzes wurde, unverändert die Zustimmung erteilt und die Verordnungen genehmigt. Die Sitzung wurde abgebrochen und auf Nachmittag vertagt.
Weimar, 8. Juli. Bevor sich der Landtag heute vertagte, teilte Staatsminister Dr. [Arnold] Paulssen [DDP, Anm.] über die Frage des Zusammenschlusses Thüringens Folgendes mit: Der Gemeinschaftsevertrag über den Zusammenschluß der Thüringer Staaten mit Ausnahme von Sachsen-Meiningen und Coburg, die sich aber zur Mitarbeit im Volks- und Staatsrat bereit erklärt haben, wurde von sämtlichen thüringischen Staaten angenommen. Es ist nunmehr beschlossen worden, zunächst den Staatsrat einzuberufen und zwar auf den 14. Juli 4 Uhr nachmittags nach Weimar. Der Staatsrat wird zunächst darüber beraten, ob und wann der Volksrat einberufen wird, und wird die wichtigsten Gesetze durchberaten, die dann dem Volksrat vorgelegt werden sollen. Man hofft, das man damit einen bedeutenden Schritt in der Großthüringischen Frage vorwärts gekommen ist. In Coburg wird bekanntlich eine Volksabstimmung vorbereitet, da die Regierung die Verantwortung nicht allein tragen will, während Meiningen den unbedingten Anschluß der preußischen Gebietsteile fordert und sich gegen eine Vormachtstellung Weimars und auch gegen Weimar als Hauptstadt wendet; doch ist zu hoffen, daß sich über diese Frage eine Einigung im Staatsrat erzielen läßt.
Quelle:
Rhön-Zeitung Nr. 157 vom 9.7.1919
In: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00172672/RhoenZ_1919-0577.tif
Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Arnold_Paulssen#/media/Datei:Arnold_Paulssen_Grabstein_Hauptfriedhof_Weimar.JPG