Der Versailler Vertrag oder 1 gegen 27
Der Friedensvertrag wird im Spiegelsaal von Versailles unterzeichnet. Deutschland sieht sich 27 Vertragspartnern gegenüber, die - wenig überraschend - am längeren Hebel sitzen. Die Versuche von deutscher Seite den Vertragstext nachzuverhandeln sind gescheitert. Die Gruppe von 27 hatte den Vertragstext mühsam untereinander ausgehandelt und war keinesfalls bereit ihn aufgrund deutscher, innenpolitisch motivierter Gründe erneut aufzuschnüren. Fast fühlt man sich an die aktuellen Brexit-Verhandlungen erinnert.
Volltext:
Die Vereinigten Staaten von Amerika, das Britische Reich, Frankreich, Italien und Japan, die in dem gegenwärtigen Vertrag als die alliierten und assoziierten Hauptmächte bezeichnet sind,
Belgien, Bolivien, Brasilien, China, Cuba, Ecuador, Griechenland, Guatemala, Haiti, Hedschas [d.i. der Vorläufer Saudi-Arabiens, Anm.], Honduras, Liberia, Nicaragua, Panama, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, der serbisch-kroatisch-slovenische Staat, Siam [d.i. Thailand, Anm.], die Tschecho-Slowakei und Uruguay, die mit den obenbezeichneten Hauptmächten die alliierten und assoziierten Mächte bilden,einerseits und Deutschland andererseits,
in Anbetracht, daß auf den Antrag der Kaiserlich-Deutschen Regierung am 11. November Deutschland von den alliierten und assoziierten Hauptmächten ein Waffenstillstand mit dem Ziele demnächstigen Friedensschlusses bewilligt worden ist, daß die alliierten und assoziierten Mächte gleichfalls den Wunsch haben, an die Stelle des Krieges, in den sie nacheinander unmittelbar oder mittelbar verwickelt worden sind und der in der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien vom 28. Juli 1914, in den Kriegserklärungen Deutschlands an Rußland vom 1. August 1914 und an Frankreich vom 3. August 1914 sowie in dem Einfall in Belgien seinen Ursprung hat, einen festen, gerechten und dauerhaften Frieden treten zu lassen; zu diesem Zweck sind die Hohen vertragsschließenden Teile […] nach Austausch ihrer für gut und richtig befundenen Vollmachten über folgende Bestimmungen übereingekommen:
[…]
Teil I. Völkerbundssatzung (Art. 1-26)
In der Erwägung, daß es zur Förderung der Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewährleistung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit wesentlich ist,
bestimmte Verpflichtungen zu übernehmen, nicht zum Kriege zu schreiten;
in aller Öffentlichkeit auf Gerechtigkeit und Ehre gegründete internationale Beziehungen zu unterhalten;
die Vorschriften des internationalen Rechts, die fürderhin als Richtschnur für das tatsächliche Verhalten der Regierungen anerkannt sind, genau zu beobachten,
die Gerechtigkeit herrschen zu lassen und alle Vertragsverpflichtungen in den gegenseitigen Beziehungen der organisierten Völker peinlich zu achten,
nehmen die Hohen vertragschließenden Teile die gegenwärtige Satzung, die den Völkerbund errichtet, an.
[…]
Teil II. Deutschlands Grenzen (Art. 27-30)
Teil III. Politische Bestimmungen über Europa (Art. 31-117)
Teil IV. Deutsche Rechte und Interessen außerhalb Deutschlands (Art. 118-158)
Teil V. Bestimmungen über Landheer, Seemacht und Luftfahrt (Art. 159-213)
Teil VI. Kriegsgefangene und Grabstätten (Art. 214-226)
Teil VII. Strafbestimmungen (Art. 227-230)
Teil VIII. Wiedergutmachungen (Art. 231-247)
Teil XI. Finanzielle Bestimmungen (Art. 248-263)
Teil X. Wirtschaftliche Bestimmungen (264-312)
Teil XI. Luftfahrt (Art. 313-320)
Teil XII. Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen (Art. 321-386)
Teil XIII. Arbeit (Art. 387-427)
Teil XIV. Bürgschaften für die Durchführung (Art. 428-433)
Teil XV. Verschiedene Bestimmungen (Art. 434-440)
Geschehen zu Versailles am 28. Juni 1919 […]
Quelle:
Ursachen und Folgen, Bd. 3, S. 388-415
Online: http://www.documentarchiv.de/wr/vv.html
Bild:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/cb/Prime_Minister’s_letter_to_Donald_Tusk_triggering_Article_50.pdf/page1-543px-Prime_Minister’s_letter_to_Donald_Tusk_triggering_Article_50.pdf.jpg