Thomas Mann über den "Gewaltfrieden"
Thomas Mann macht sich über eine Bekannte lustig und kritisiert die Waffenstillstandsbedingungen heftig. Eine solche Ablehnung war jedoch die absolute Norm in Deutschland.
Volltext:
Dienstag den 4. III. 19.
Arbeit am Gedicht. Die Pandora-Stelle gefällt mir. Bei Gosch. Zum Abendessen Hallgartens. Die Karte an dem Fliederzweig, den ich auf dem Podium fand, trug, wie wir feststellten, ein Meistersinger-Thema. Frau H. fand das dumm, aber sie ist ungleich dümmer. – Die definitiven Waffenstillstandsbedingungen haarsträubend. Abgesehen von allen Demütigungen: jährlicher Tribut von 10-15 Milliarden auf 30-50 Jahre etc. etc. Es ist fast albern. Diese Machthaber sind wahrhaftig um nichts weniger gottgeschlagen, als die unseren waren. Und Muret wundert sich, daß ich höhne. Die Rolle Wilsons: verzweifelt und tragi-komisch. Er sucht sich noch immer Haltung zu geben, während klar ist, daß man den unumwundensten Gewaltsfrieden vermittelst des »Waffenstillstandes« schließt. Man muß aber annehmen, daß das alles bedeutungslos ist.
Quelle:
de Mendelssohn, Peter (Hrsg.), Thomas Mann. Tagebücher 1918-1921, Frankfurt am Main 1979, S. 166 f.
Bild:
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