Luxemburgs Mörder auf der Flucht
Über den falschen Pass eines der Hauptangeklagten im Falle der Ermordung Rosa Luxemburgs, Kurt Vogel, gibt es schon kurz nach Beendigung des Prozesses erste Erkenntnisse. Diese können die spätere Flucht des ehemaligen Oberleutnants der Garde-Kavallerie-Schützen-Division aber nicht verhindern. Die Freiheit ist dementsprechend aufgebracht über die laxe Strafverfolgung.
Volltext:
Gute Vorbereitung!
Wir erhalten folgenden Brief:
Berlin, den 20. 5. 1919.
Werter Genosse!
Zu den Mitteilungen über die Flucht des Oberleutnants Kurt Vogel stelle ich folgendes fest:
Am 14. Mai, dem letzten Verhandlungstage des Prozesses wegen der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, habe ich, viele Stunden vor der Verkündung des Urteils, nämlich in den ersten Nachmittagsstunden, dem Herrn Kriegsminister Reinhardt telephonisch mitgeteilt, daß für die Angeklagten bereits
Pässe auf falschen Namen
besorgt seien, insbesondere für den Oberleutnant Kurt Vogel ein Paß auf den Namen Kurt Velsen. Der Kriegsminister erwiederte mir u. a., daß ja doch die Angeklagten in Haft seien; ich habe ihm darauf bemerkt, daß für jeden Fall die gehörige Bewachung der Angeklagten nötig sein möchte.
Die Mitteilungen über die falschen Pässe habe ich ebenfalls am frühen Nachmittage des 14. Mai Herrn Ministerialdirektor Rauscher in der Reichskanzlei mündlich gemacht, damit er sie dem Herrn Ministerpräsidenten und den übrigen zuständigen Stellen weitergebe. Herr Rauscher hat mir auf meine gestrige Anfrage bestätigt, daß er meine Mitteilungen weitergegeben, insbesondere auch mit dem Herrn Kriegsminister darüber gesprochen habe.
Einer besonderen Erläuterung scheinen mir diese Tatsachen nicht bedürftig zu sein.
Mit Parteigruß: Ihr Dr. Oskar Cohn.
Quelle:
Die Freiheit vom 20. Mai 1919, 2:241 (1919), Morgen-Ausgabe, S. 1.
In: http://fes.imageware.de/fes/web/
Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Oskar_Cohn#/media/File:CohnOskar.jpg