Glanz und Elend der jüdischen Soldaten
Zwar waren die jüdischen Deutschen durch die Reichsverfassung von 1871 rechtlich ihren christlichen Mitbürgern gleichgestellt, in der Praxis gab es jedoch erhebliche antisemitisch motivierte Vorbehalte. Gerade in der Verwaltung, den Universitäten und der Armee wurden Juden hinsichtlich ihrer Aufstiegsmöglichkeiten benachteiligt. Und logischerweise auch im Alltag schwer diskriminiert.
Im Weltkrieg kämpften etwa 85.000 jüdische Deutsche für Kaiser Wilhelm II., wovon nach Angaben des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten etwa 12.000 ihr Leben verloren. Geehrt wurden die jüdischen Soldaten von diesem Kaiser allerdings wenig. Spätestens beim Range des Leutnants war für Juden Schluß. Anders sah es in der KuK-Monarchie aus, wie unten stehender Bericht über Auszeichnungen für jüdische Offiziere und Soldaten aufgelistet werden. Während Kaiser Franz Josef im Berichtszeitraum mehr als 168 österreichische Juden militärisch auszeichnete, tat dies Wilhelm II. lediglich für 2 jüdische Unteroffizier.
Ein jüdischer Generalmajor, so wie der erwähnte Leopold Austerlitz, wäre im Deutschen Reich völlig undenkbar gewesen.
Volltext:
Kriegsdekorationen jüdischer Offiziere und Soldaten.
Seine Majestät der Kaiser hat verliehen:
den Orden der eisernen Krone 3. Klasse mit der Kriegsdekoration und Schwertern in Anerkennung tapferen und erfolgreichen Verhaltens vor dem Feinde dem Major Emil Sommer, I.R.; [...]
Vorstehend sind verzeichnet: 1 Orden der Eisernen Krone 3. Klasse, 9 Ritterkreuze des Franz-Josef-Ordens, 10 Militärverdienstkreuze 3. Klasse, 29 silberne Signum laudis (hiervon 9 zum zweitenmal), 50 bronzene Signum laudis, 24 goldene Verdienstkreuze mit der Krone, 21 goldene Verdienstkreuze, 19 silberne Verdienstkreuze mit der Krone, 2 silberne Verdienstkreuze, zusammen 168 Auszeichnungen; hiervon 107 an Offiziere und Kadetten des Soldatenstandes, 38 an Militärärzte und Militärbeamte, 21 an Mannschaftspersonen.
Weitere Auszeichnungen.
Leutnant Josef Kafka, Mitchef der Wäschewarenfabrik Gottlieb & Kafka in Klattau, erhielt als dritte Auszeichnung das silberne Signum laudis mit den Schwertern.
Leutnant Klemens Sagher, Sohn des rühmlichst bekannten tapferen Feldrabbiners aus Soborten, wurde mit dem Signum laudis mit den Schwertern ausgezeichnet. Leutnant Sagher, ein ehemaliger Zögling der Innsbrucker Kadettenschule, zeichnete sich durch besondere Tapferkeit an der italienischen Front aus und stürmte bei der letzten Offensive zwei italienische Stellungen, die noch heute von unseren Truppen gehalten werden; hierbei gelang es ihm, mit seiner Maschinengewehrabteilung von 52 Mann 12 italienische Offiziere und 320 Mann gefangenzunehmen. Von einer Mine schwer verwundet, kam er nach Brüx, wo er seiner Genesung entgegensieht. Leutnant Sagher ist ein Offizier von echtem Schrot und Korn.
Der deutsche hat verliehen: das Eiserne Kreuz 2. Klasse dem Leutnantingenieur Emanuel Wohl, Kommandant der Baukompagnie; die preußische Kriegerverdienstmedaille dem Feldwebel Samuel Kolber, Schützenregiment.
Der Kaiser hat dem Landsturmarzt Dr. Isreal Robinsohn, Chefarzt des Röntgeninstitutes am Garnisionsspital Nr. 1, in Anerkennung vorzüglicher und aufopferungsvoller Dienstleistungen im Kriege das goldene Verdienstkreuz mit der Krone am Bande der Tapferkeitsmedaille verliehen. Ferner wurde dem Stationsmeister der Staatsbahnen Salomon Amster das eiserne Verdienstkreuz mit der Krone verliehen.
Generalmajor Dr. Austerlitz.
Der Kaiser hat dem auf Mobilisierungsdauer aktivierten Generalmajor phil. Dr. Leopold Austerlitz in Anerkennung erfolgreicher Dienstleistung vor dem Feinde das Ritterkreuz des Leopold-Ordens mit der Kriegsdekoration taxfrei verliehen.
Regimentsarzt Dr. Siegfried Kolieb
Der bekannte Nervenarzt Regimentsarzt Dr. Siegfried Kolieb, der Sohn des verstorbenen Vorstandsmitgliedes des Tempelvereines Beth Israel" und zahlreicher humanitärer Vereine David Leon Kolieb d.Ä., wurde vom Kaiser durch Verleihung des Ritterkreuzes des Franz Josef-Ordens mit der Kriegsdekoration ausgezeichnet. Regimentsarzt Dr. Kolieb, der lange Zeit im Felde gestanden und schwer verwundet war, hat schon vier Kriegsauszeichnungen erhalten. Gegenwärtig ist er Leiter der Nervenheilanstalt Rosenhügel.
Quelle:
Dr. Bloch's Oesterreichische Wochenschrift - Zentralorgan für die gesamten Interessen des Judentums vom 11.10.1918
In: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/3020846
Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Orden_der_Eisernen_Krone_(%C3%96sterreich)#/media/File:Ridder_in_de_Orde_van_de_IJzeren_Kroon_Oostenrijk.gif