Vorwärts meldet: "Waffenstillstandsgerüchte falsch!"
In Bezug auf eine Meldung von Wolffs Telegraphisches Bureau berichtet das Zentralorgan der MSPD von den Waffenstillstandsverhandlungen und diesbezüglichen Gerüchten über die Bedingungen der Alliierten. Im Spiegel französischer Presseorgane scheint dem Vorwärts eine baldige Beendigung des Kriegszustandes fraglich. Wahrscheinlicher seien eine Fortsetzungen der Kampfhandlungen an der Westfront und französische Versuche das Deutsche Reich mit Sonderfriedensbedingungen für die Südstaaten zu teilen.
Volltext:
Der [politisch unabhängige] "[Le] Temps" nennt die deutsche Antwort heuchlerisch. Sie vermenge den Waffenstillstand mit der Friedensfrage. Deutschland wolle eine Auseinandersetzung über die Auslegung der Prinzipien Wilsons. Aber das seu unzulässig, solange keine militärischen Garantien gegeben sind. Der "Temps" fordert neuerlich, daß man nicht nur mit den verpreußten Reichsbehörden, sondern auch mit den Bundesstaaten verhandele. Mit der existenzlosen Wiener Regierung und mit Konstantinopel kann man nur über militärische Garantien und nicht über Politisches verhandeln. Das [konservative] "[L'È]cho de Paris" behauptet, die deutschen [Oktober-]Reformen genügen den Wilsonschen Bedingungen nicht. Darum müsse man auf dem militärischen Terrain bleiben und überhaupt den Waffenstillstand und den Frieden ohne Einmischung in die inneren Verhältnisse Deutschlands definieren. Senator [Lucien] Cornet, der Vorsitzende der Armeekommission, fordert, daß der Feind niedergeschlagen werde. Die Deutschen verehren nur Knüppel; Mäßigung würde vielen als Schwäche erscheinen.
[Das intellektuelle Meinungsblatt] "[Le Journal de dé]bats" schreibt, man dürfe nicht ein baldiges Ende erwarten. Es sei unwahrscheinlich, daß Deutschland die von den militärischen Befehlshabern gestellten ausschließlich militärischen Bedingungen annehme. Seine Armee sei noch sehr stark und könne starke Linien besetzen. Man wird Deutschland nicht befehlen können, eine ganze Reihe erstrangiger Stellungen und Festungen zu räumen, solange es nicht Garantien für den Frieden erhalten habe. Wir können nicht daran denken, sie zu geben, und der Feldzug wird fordauern, bis Deutschland vom Süden gefaßt wird.
Quelle:
Vorwärts, Nr. 300 / Jg. 35 vom 31.10.18, S. 2.
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