Die Weimarer Republik – Deutschlands erste Demokratie

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Juli 1919

1. Juli

43. Sitzung der Nationalversammlung 15.22 – 20.26 Uhr
Beantwortung von Anfragen durch Beauftragte der Reichsregierung. 
Bericht des Ausschusses für den Reichshaushalt über die "Verordnung zur Beschaffung von landwirtschaftlichem Siedlungsland" vom 30. Januar 1919. Ausführliche Debatte über die Schaffung und Hebung von Kleinbetrieben, staatlich geförderten Siedlungsbau u.a. [DNV, Bd. 3, S. 484-528]

2. Juli

44. Sitzung der Nationalversammlung 12.19 – 20.03 Uhr
Wiederaufnahme der Beratung des "Entwurfs einer Verfassung des Deutschen Reichs" (zweite Lesung) mit Berichten der Mitglieder des Verfassungsausschusses Conrad Haußmann (DDP), Wilhelm Kahl (DVP), Oskar Cohn (USPD) sowie für die Regierung Hugo Preuß (DDP) über die Verfassungsgrundsätze und Änderungsvorschläge. Danach Debatte über die Staatsbezeichnung ("Reich oder "Republik"), die "Unitätsfrage" (Einheits- oder Bundesstaat), die Rolle des Reichspräsidenten, von Volksentscheiden und Volksbegehren sowie besonders über die Reichsfarben ("Flaggen-streit"). Erste Abstimmung über Art. 1: "Das Deutsche Reich ist eine Republik", im übrigen Verfassungstext  bleibt „Reich" stehen. 
Die Proklamation einer Räterepublik im nahen Gotha beunruhigt die NV. [DNV, Bd. 3, S. 529-607]

3. Juli

45. Sitzung der Nationalversammlung 14.16 – 20.01 Uhr
Fortsetzung der Verfassungsberatung über das Kompetenzverhältnis zwischen dem Reich und den Einzelstatten, die Parlamentsrechte, das Mindestwahlalter und die Dauer der Legislaturperiode. Erste Abstimmung über einzelne Artikel der Verfassung, darunter Art. 3: die neuen Reichsfarben werden schwarz-rot-gold, nur die Handelsflagge bleibt schwarz-weiß-rot. [DNV, Bd. 3, S. 608-647]

4. Juli

46. Sitzung der Nationalversammlung 14.22 – 19.27 Uhr
Beantwortung von Anfragen durch Beauftragte der Reichsregierung: Ungleichgewichte bei der Vergütung von Arbeitern und Beamten, unzulässige Lohnnachteile für nicht gewerkschaftlich organisierter Arbeiter als Verstoß gegen die Koalitionsfreiheit u.a.. 
Fortsetzung der zweiten Beratung des Verfassungsentwurfs u.a. mit Debatte über parlamentarische Kontrollgremien, Wahlalter, Fristen für Neuwahlen, Wahlmodus und Befugnisse des Reichspräsidenten, den die USPD ganz ablehnt. [DNV, Bd. 4, S. 5-69]

5. Juli

47. Sitzung der Nationalversammlung 14.24 – 18.54 Uhr
Fortsetzung der Verfassungsberatung mit einer Debatte über besondere Befugnisse des Reichspräsidenten (Kriegsrecht, Reichsexekution), den Reichsrat als Ländervertretung, die Bedingungen für spätere Verfassungsänderungen u.a. Wegen befürchteter Beschlussunfähigkeit wird die Sitzung beendet. [DNV, Bd. 4, S. 70-103]

7. Juli

48. Sitzung der Nationalversammlung 14.25 – 14.44 Uhr
Fortsetzung der Verfassungsberatung mit einer Debatte über die Funktion des Reichswirtschaftsrats. Wegen fehlender Beschlussfähigkeit wird die nächste Sitzung für den Nachmittag des gleichen Tages angesetzt. [DNV, Bd. 4, S. 104-107]

49. Sitzung der Nationalversammlung 15.04 – 18.24 Uhr
Fortsetzung der Verfassungsberatung mit ausführlicher Debatte über die Rolle des Reichspräsidenten bei Volksentscheiden und Volksbegehren, zur Reichskompetenz über Zoll- und Steuerwesen, Eisenbahn, Post- und Wasserstraßen, Haushaltsrecht, Landesverteidigung und Außenpolitik. (DNV, Bd. 4, S. 108-151]

8. Juli

50. Sitzung der Nationalversammlung 14.21 – 18.48 Uhr
Erklärung von Reichsfinanzminister Erzberger (Z) zur Finanzlage und geplanten Steuergesetzgebung mit anschließender Debatte zum „Gesetz über eine außerordentliche Kriegsabgabe für das Rechnungsjahr 1919“ und zum „Gesetz über eine Kriegsabgabe vom Vermögenszuwachs“ (beides zur Besteuerung von Kriegsgewinnen), dazu über notwendige Erhöhungen der Vergnügungssteuer, Erbschaftssteuer, Zuckersteuer, Tabaksteuer, Zündwarensteuer, Spielkartensteuer u.a.m. [DNV, Bd. 4, S. 152-190]

9. Juli

51. Sitzung der Nationalversammlung 10.47 – 12.00 u. 12.25 – 13.10 Uhr
Erklärung von Reichsaußenminister Hermann Müller (SPD) zum „Gesetz über den Friedensschluss zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten“, nach emotionalen Erklärungen und Protesten erfolgt die  Ratifizierung mit  209 Ja-Stimmen gegen 116 Nein-Stimmen. [DNV, Bd. 4, S. 191-212]

52. Sitzung der Nationalversammlung 15.25 – 20.13 Uhr
Fortsetzung der Beratung über die Steuergesetze als Debatte zwischen Reichsfinanzminister Erzberger und der DNVP über eine seit Jahrzehnten fällige Finanzreform und die Zuständigkeit der NV für Steuerfragen. Die Gesetzentwürfe werden in drei Ausschüsse verwiesen. 
Die Entwürfe für das „Reichssiedlungsgesetz“ sowie die „Kleingarten- und Kleinpachtlandordnung“ werden in den Haushaltsausschuss verwiesen. [DNV, Bd. 4, S. 213-249]

10. Juli

53. Sitzung der Nationalversammlung 15.25 – 19.25 Uhr
Verfassungsberatung mit Debatte über die Stellung des Reichsgerichtes und die künftige Militärgerichtsbarkeit, über Volksgerichte oder Berufsrichter und deren Unabhängigkeit. [DNV, Bd. 4, S. 250-273]

11. Juli

54. Sitzung der Nationalversammlung 09.50 – 12.19 Uhr
Beantwortung verschiedener Anfragen, darunter Kritik der DVP an der künstlerischen Gestaltung der zum Gedenken an die NV in Umlauf gebrachten Briefmarken. 
Fortsetzung der Verfassungsberatung mit Debatte über Grundrechte und Grundpflichten (u.a. Gleichheit von Mann und Frau, Auswanderungsfreiheit, Rechte nationaler Minderheiten, Freiheit der Meinungsäußerung, Unverletzlichkeit der Wohnung, Wahrung des Postgeheimnisses, Zensurverbot). [DNV, Bd. 4, S. 274-295]

12. Juli

55. Sitzung der Nationalversammlung 09.48 – 11.55 Uhr
Versagung einer gerichtlichen Verfolgung einiger Abgeordneter wegen Beleidigung, da die Hintergründe politischer Natur sind. 
Bericht des Wahlprüfungsausschusses über Störungen bei den Wahlen am 19. Januar und Debatte über die Zulässigkeit von Nachwahlen. Wegen fehlender Beschlussfähigkeit wird die Sitzung geschlossen. [DNV, Bd. 4, S. 296-304]

Ende der alliierten Seeblockade gegen Deutschland. [UB]

14. Juli

56. Sitzung der Nationalversammlung 15.24 – 19.15 Uhr
Fortsetzung der Prüfung der Wahlen in einzelnen Wahlkreisen, deren Ergebnisse für gültig erklärt werden. Anschließend Beratung über das „Gesetz über eine erhöhte Anrechnung der während des Krieges zurückgelegten Dienstzeit von Beamten“ und Überweisung an den Haushaltsausschuss. 
Anfrage über die Notlage der Zivil- und Militärrentenempfänger mit Bericht von Reichsarbeitsminister Schlicke (SPD). Das Preußische Kriegsministerium sagt eine Reform der Militärversorgungsgesetze zu. [DNV, Bd. 4, S. 305-334]

15. Juli

57. Sitzung der Nationalversammlung 09.53 – 13.50 Uhr
Paul Löbe (SPD) wird einstimmig zum Vizepräsidenten der NV gewählt. Beratung des Verfassungsentwurfs mit ausführlicher Debatte über die Verbindlichkeit der Grundrechte und Grundpflichten, die Abschaffung des Adels, über die staatsbürgerliche Gleichstellung von Mann und Frau (völlige oder grundsätzliche Gleichheit), die Rechte nationaler Minderheiten. Der Vorschlag der USPD, eine Neuregelung der Prostitution in die Verfassung aufzunehmen, wird abgelehnt. [DNV, Bd. 4, S. 335-360]

16. Juli

58. Sitzung der Nationalversammlung 09.55 – 14.31 Uhr
Fortsetzung der Verfassungsberatung mit ausführlicher Debatte über die Abschaffung der Todesstrafe, die Aufnahme des Problems in die Verfassung wird, weil zu einer Strafrechtsreform gehörig, abgelehnt. 
Debatte über die vollständige Abschaffung der Zensur (Einschränkungen zum Jugendschutz bei Schmutz- und Schundliteratur sowie Filmen). Debatte über private Grundrechte (Schutz der bürgerlichen Ehe, der Familie und der Jugend), über die rechtliche Gleichstellung von unehelichen mit ehelichen Müttern und ihren Kindern sowie über die politischen Grundrechte (Versammlungsfreiheit, Vereinsfreiheit, Wahlfreiheit u.a.). [DNV, Bd. 4, S. 361-403]

17. Juli

59. Sitzung der Nationalversammlung 10.53 – 13.28 u. 15.52 – 19.22 Uhr
Fortsetzung der Verfassungsberatung mit Abstimmung über die rechtliche Gleichstellung von unehelichen mit ehelichen Mütter und ihren Kinder (wird abgelehnt), ausführliche Debatte über Jugendfürsorge sowie die besonderen Rechte der Beamten. Nach der Pause Debatte über die Trennung von Staat und Kirche, volle Glaubens- und Gewissensfreiheit, gleiche Rechte für alle Religionen und Religionsgesellschaften. [DNV, Bd. 4, S. 403-470]

18. Juli

60. Sitzung der Nationalversammlung 09.52 – 13.26 u. 16.10 – 20.10 Uhr
Fortsetzung der Verfassungsberatung mit Debatte über Bildungsgrundsätze  sowie den einheitlichen Aufbau und die staatliche Aufsicht über das Schulwesen, die Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Religionsunterricht als Schulfach, die Zulassung von Privatschulen. [DNV, Bd. 4, S. 471-532]

19. Juli

61. Sitzung der Nationalversammlung 09.55 – 13.10 Uhr
Beratung und Annahme des „Gesetzes über die Zahlung der Zölle in Gold“ sowie von Gesetzen über die Regelung der Kaliwirtschaft („Reichskalirat“). Beratung des „Gesetzes betr. Erhöhung der Pensionen von Reichsbeamten die das 65. Lebensjahr vollendet haben“ in Verbindung mit dem „Gesetz betr. Pensionierung von Reichsbeamten infolge der Umgestaltung des Staatswesens“ (Verweisung an den Hauptausschuss). 
Beratung zweier Gesetze über die Entschädigung für nach dem Versailler Friedensvertrag aus dem Militärdienst zu entlassener Offiziere und Unteroffiziere.   
Beratung und Annahme des Reichssiedlungsgesetzes und der Kleingarten- und Kleinpachtlandordnung. [DNV, Bd. 4, S. 533-561]

21. Juli

62. Sitzung der Nationalversammlung 15.21 – 22.40 Uhr
Fortsetzung der Verfassungsberatung mit ausführlicher Debatte über Regelungen des Wirtschaftslebens (Vertrags- und Vereinigungsfreiheit, Eigentumsrecht, Enteignung gegen Entschädigung, Arbeitsrecht, Erbrecht u.a.), die überleitet in eine Grundsatzdebatte über Sozialisierung, Bodenreform und vor allem über Demokratie und Rätesystem, d.h. die künftige Rolle von Arbeiter- und Wirtschaftsräten. [DNV, Bd. 4, S. 562-644]

22. Juli

63. Sitzung der Nationalversammlung 10.08 – 13.29 u. 16.18 – 19.07 Uhr
Fortsetzung der Verfassungsberatung mit Debatte über die Einheit und Neugliederung des Reiches, mehrheitliche Abstimmung gegen die Ablösung von Gebietsteilen („Rheinische Republik“), gegen eine Zerteilung Preußens, für eine Neugestaltung der Länder u.a. 
Nach der Pause lebhafte Debatte über die Wählbarkeit von Mitgliedern früher regierender Adelshäuser für das Amt des Reichspräsidenten (abgelehnt) und eine baldige Übertragung der Post- und Telegrafenverwaltungen Bayerns und Württembergs an das Reich zur Vereinheitlichung des Verkehrswesens. Debatte zur gesetzgeberischen Kompetenz der NV über die Verfassungsgebung hinaus sowie ihre baldige Ablösung durch einen neugewählten Reichstag. Um noch ausstehende Gesetzesvorhaben, bes. die Steuergesetze, nicht zu gefährden, wird kein Termin für Neuwahlen festgelegt. 
Lob des Parlamentspräsidenten Fehrenbach (Z) für den Fleiß der anwesenden Abgeordneten, von denen aber insgesamt auf den letzten Sitzungen zu wenige, nie mehr als 270, präsent gewesen seien. [DNV, Bd. 5, S. 5-47]

23. Juli

64. Sitzung der Nationalversammlung 10.25 – 12.20 Uhr
Regierungserklärung von Reichsministerpräsident Bauer (SPD) über die politischen Grundsätze seines Kabinetts: unvermeidliche Erfüllung des Versailler Friedensvertrages bei Wiederaufbau des Landes, Absage an die rechten und linken Gegner der neuen Republik,  Bilanz über das bisher Geleistete: „Kein anderes Volk kann sich solch reiner Demokratie rühmen“, dazu Ausblick auf  noch ausstehende Gesetzesvorhaben. 
Erklärung von Reichsaußenminister Hermann Müller (SPD) über die außenpolitische Grundsätze: Bereitschaft zur Völkerversöhnung durch Eintritt in den Völkerbund und zur vertragsgemäßen Wiedergutmachung, namentlich gegenüber Frankreich. [DNV, Bd. 5, S. 48-86]

24. Juli

65. Sitzung der Nationalversammlung 10.27 – 13.40 Uhr
Auf Anfrage noch einmal ausdrückliche Absage an das Konzept einer Planwirtschaft durch Reichswirtschaftminister Robert Schmidt (SPD), der aber zugleich auf die Notwendigkeit einstweiliger Zwangsmaßnahmen und Kontrollen in kritischen Branchen verweist.
Auf Anfrage berichtet Reichsarbeitsminister Alexander Schlicke (SPD) über Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Landarbeiter, um weitere Streiks und damit Lebensmittelknappheit zu verhindern. Kurze Debatte über die Regierungserklärung vom Vortag. [DNV, Bd. 5, S. 87-103]

25. Juli

66. Sitzung der Nationalversammlung 10.25 – 13.22 u. 15.45 – 20.40 Uhr
Parlamentspräsident Fehrenbach (Z) schlägt einen Arbeitsplan vor, mit dem Ziel einer baldigen Rückkehr der NV nach Berlin, spätestens bis Mitte August, was Zustimmung findet. 
Fortsetzung der Debatte über die Regierungserklärung vom 23. Juli mit einer zustimmenden Erklärung des Zentrums als Regierungsfraktion, einem Bericht des preußischen Landwirtschaftsministers und Abgeordneten Otto Braun (SPD) über seine Maßnahmen gegen die anhaltenden Landarbeiterstreiks. Weitgehende Zustimmung auch der DDP (außer hinsichtlich des sog. Schulkompromisses), vorgetragen durch Gertrud Bäumer. Dagegen Generalabrechnung der DNVP durch Albrecht von Graefe,  gipfelnd in den Vorwürfen, erst die Revolution habe die Kriegsniederlage verursacht (sog. "Dolchstoßlegende") und Erzberger (Z) durch Verrat einen "Hunger- und Schmachfrieden" ausgehandelt. Ausführliche Entgegnung von Erzberger mit Rechtfertigung seiner Friedenspolitik und Abrechnung mit der kaiserlichen Kriegsführung, dies alles bei fortdauernd großer Unruhe. [DNV, Bd. 5, S. 104-199]

26. Juli

67. Sitzung der Nationalversammlung 10.00 – 13.50 u. 16.08 – 18.49 Uhr
Fortsetzung des Diskussion über die Regierungserklärung vom 23. Juli mit Grundsatzdebatte über die Folgen des 1916 verkündeten allgemeinen U-Boot-Krieges, die Kriegsschuldfrage, die Bedingungen des Versailler Friedensvertrages, die Sozialisierungsfrage, Rätefrage u.a.m.; allgemeine Forderung nach einer amtlichen Aktenpublikation zum Kriegsausbruch und Friedensschluss zur Wahrheitsfindung. 
Bericht von Reichwehrminister Noske (SPD) über seinen Kampf gegen antisemitische Hetze, politische Streiks sowie Straßenkämpfe zwischen USPD und KPD, insbes. in Berlin, wo immer noch der Belagerungszustand herrscht (häufig Unruhe). [DNV, Bd. 5, S. 200-251]

28. Juli

68. Sitzung der Nationalversammlung 14.20 – 19.26 Uhr
Fortsetzung der politischen Aussprache als Grundsatzdebatte über die Kriegschuldfrage und verpasste Friedenschancen seit 1916 (sog. "belgische Frage", "Papstnote", "polnische Frage" u.a.); dazu Erklärung von Reichsinnenminister David (SPD) zum Gesetz über die Errichtung eines Staatsgerichtshofs sowie die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufarbeitung dieser die Öffentlichkeit bewegenden Dauerstreitfragen. Erklärung von Reichsaußenminister Hermann Müller (SPD) über die Lage im Baltikum und das Verhältnis zu Sowjetrussland sowie die geplante Veröffentlichung von Reichsakten zur Klärung der Kriegsschuldfrage und Friedensfrage. Erklärungen von Reichsministerpräsident Bauer (SPD) und Reichsfinanzminister Erzberger (Z) zur Rechtfertigung ihrer Friedenspolitik und Verteidigung der Republik gegen die anhaltenden Angriffe der DNVP im Plenum und in der Presse (dies alles unter erregten Zurufen und häufigen Unterbrechungen). 
Ergänzungen des preußischen Landwirtschaftsministers und Abgeordneten Otto Braun (SPD) zu seinem Bericht vom 25. Juli über ungerechtfertigte Angriffe von rechts gegen ihn wegen der Landarbeiterstreiks und die Bewaffnung des Pommerschen Landbundes. [DNV, Bd. 5, S. 252-309]

29. Juli

69. Sitzung der Nationalversammlung 10.20 – 14.38 u. 17.14 – 19.46 Uhr
Fortsetzung und Beendigung der politischen Generaldebatte vom Vortag mit einer erneuten Rechtfertigung von Reichsfinanzminister Erzberger (Z) für seine Friedenspolitik gegenüber Angriffen von rechts. Das Gesetz über die Errichtung eines Staatsgerichtshofs wird an den Verfassungsausschuss verwiesen. Ein Misstrauensvotum der DNVP gegen die Reichsregierung scheitert deutlich mit 243 zu 53 Stimmen. 
Auf Antrag der USPD Bericht von Reichswehrminister Noske (SPD) über die harte Ordnungspolitik im Ruhrgebiet gegen Streikende (Schutzhaft und Belagerungszustand) bei andauernder großer Unruhe. 
Beginn der dritten Lesung des Entwurfs der Reichsverfassung durch eine Grundsatzerklärung ihres Verfassers Hugo Preuß (DDP) als zuständiger Vertreter der Reichsregierung mit Würdigung der bisherigen Verfassungsarbeit der NV; Zustimmung und Dank durch SPD, Zentrum und DDP. [DNV, Bd. 5, S. 310-346]

30. Juli

70. Sitzung der Nationalversammlung 10.19 – 13.51 u. 14.29 – 19.53 Uhr
Fortsetzung der Verfassungsberatung mit der Generaldebatte: Ankündigung von DNVP, DVP und USPD, die Annahme der Verfassung abzulehnen.  Abschlusserklärung von Preuß (DDP) mit Verteidigung der Verfassung gegen ihre Kritiker. Danach Spezialdebatte mit Abstimmung über die einzelnen Verfassungsartikel; nur über den "Unehelichen-Artikel" findet ein längerer Wortwechsel statt. [DNV, Bd. 5, S. 347-398]

31. Juli

71. Sitzung der Nationalversammlung 09.50 – 13.11 u.  15.23 – 20.53 Uhr
Fortsetzung der Spezialdebatte mit Abstimmung über die einzelnen Verfassungsartikel, ausführliche Wortwechsel noch einmal zur „Unitätsfrage“ ("Problem Preußen"), „Rätefrage" und zum "Schulkompromiß" mit substanziellen Änderungen, z.B. beim Reich-Länder-Verhältnis, der Wahlperiode des Reichstags (Verkürzung von fünf auf vier Jahre),  die Verhängung des Ausnahmezustandes u.a. 
Danach Gesamtabstimmung über die neue Reichsverfassung mit 262 Ja-Stimmen (von SPD, DDP, Zentrum), gegen 75 Nein-Stimmen (von DVP, DNVP, Bayerischem Bauernbund, USPD), bei einer Enthaltung. 
"Das Verfassungswerk ist deshalb angenommen. (Lebhafter Beifall)." 
[DNV, Bd. 5, S. 399-455]

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Ein Projekt des Weimarer Republik e.V. mit freundlicher Unterstützung

Glossar

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis der verwendeten Literatur:

ADGBAllgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund
AEGAllgemeine Elektricitäts-Gesellschaft
AfA-BundGeneral Free Federation of Employees
AVUSAutomobil-Verkehrs- und Übungsstraße
BMWBayrische Motorenwerke
BRTBruttoregistertonne
BVPBayerische Volkspartei
CenterZentrumspartei
DAPDeutsche Arbeiterpartei
DDPDeutsche Demokratische Partei
DNTDeutsches Nationaltheater
DNVPDeutsch-Nationale Volkspartei
DVPDeutsche Volkspartei
KominternCommunist International
KPDKommunistische Partei Deutschlands
KVPKonservative Volkspartei
MSPDMehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands
NSNationalsozialismus
NSDAPNationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei; Nazipartei
NVNationalversammlung
O.C.Organization Consul
OHLOberste Heeresleitung
RMReichsmark
SASturmabteilung; Brownshirts
SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands
SSSchutzstaffel
StGBPenal Code
UfAUniversum Film Aktiengesellschaft
USPDUnabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands
VKPDVereinigte Kommunistische Partei Deutschlands
ZentrumDeutsche Zentrumspartei
[AB]August Baudert: Sachsen-Weimars Ende. Historische Tatsachen aus sturmbewegter Zeit, Weimar 1923.
[AS]Axel Schildt: Die Republik von Weimar. Deutschland zwischen Kaiserreich und „Drittem Reich“ (1918-1933), hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2009.
[BauerBauer, Kurt, Nationalsozialismus. Ursprünge, Anfänge, Aufstieg und Fall, u.a. Wien 2008.
[BihlBihl, Wolfdieter, Der Erste Weltkrieg 1914 - 1918. Chronik - Daten - Fakten, Wien 2010.
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[WirschingWirsching, Andreas, Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft, 2. erw. Aufl., München 2010.

(zusammengestellt von Dr. Jens Riederer und Christine Rost, bearbeitet von Stephan Zänker)