Die Weimarer Republik – Deutschlands erste Demokratie

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Personen - Who is who der Weimarer Republik

Justiz

Die Novemberrevolution hat den Justizapparat des Kaiserreichs weitgehend unberührt gelassen. Staatsanwälte und Richter blieben fast vollzählig im Amt, was sich beim Fortgang der Entwicklung als verheerend erweisen sollte. Die Hoffnung der SPD-Spitze, dass die Justiz in die Demokratie hineinwachsen und sich als Stütze erweisen würde, erfüllte sich nicht. Vielmehr war die Weimarer Republik gekennzeichnet von harten Gerichtsurteilen gegen links und teilweise lächerlich geringen Strafen gegen rechts. Dagegen halfen auch Gesetze nichts, da sie überwiegend gegen links interpretiert wurden, beispielsweise beim Republikschutzgesetz von 1922.

Franz Gürtner

(© Bundesarchiv, Bild 183-H13466 / Foto: Heinscher)

1881-1941

  • Jurist
  • Bayrischer Justizminister
  • Reichsjustizminister 1931-1941

Nach seinem Abitur studierte Gürtner an der Münchener Universität Rechtswissenschaften. 1911 wurde er zunächst Staatsanwalt im Landgericht München I, anschließend 1912 zum Richter am Amtsgericht München berufen. Nach seinem Kriegsdienst als Reserveoffizier wurde er erneut Staatsanwalt und später Landgerichtsdirektor. 1922 wurde er zum Bayrischen Staatsminister für Justiz ernannt. In dieser Funktion begegnete er politisch-motivierten Taten der extremen Rechten oftmals mit Nachsichtigkeit. So war er im Dezember 1924 maßgeblich an der vorzeitigen Begnadigung Adolf Hitlers beteiligt. 1932 wurde er unter Reichskanzler Franz von Papen Reichsjustizminister und behielt das Amt auch in den Kabinetten Schleicher und Hitler inne. Im Dritten Reich bemühte er sich um die Erhaltung der rechtsstaatlichen Prinzipien. Trotz seiner kritischen Einstellung zu den rechtswidrigen Praktiken des Regimes, war er aufgrund seiner Tätigkeit in der Regierung letztlich ein Unterstützer des Systems.

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Curt Joël

(© unbekannt, gemeinfrei)

1865-1945

  • Jurist
  • Staatsekretär im Reichsjustizministerium 1920-1931
  • Reichsjustizminister 1931-1932

Der aus einer jüdischen Familie entstammende Joël studierte nach seinem Abitur in Jena, Freiburg und Berlin Rechtswissenschaften. Während seiner Zeit in Jena trat er der Burschenschaft „Teutonia Jena“ bei. Das Studium beendete Joël mit der Promotion zum Dr. jur. Im Kaiserreich arbeitete er ab 1899 zunächst als Staatsanwalt, wurde dann 1908 ins Reichsjustizamt berufen. Ab Anfang 1915 bis 1917 war als Hauptmann Abteilungschef mit Generalgouvernement Belgien und Leiter der Polizeidienststelle mit der Spionageabwehr im besetzten Belgien beauftragt. Nach dem Kriegsende und der Revolution wurde er 1920 Staatssekretär im Reichsjustizministerium. Dort genoss er über eine lange Dienstzeit hinweg großes Vertrauen, sowohl bei sozialdemokratischen, als auch bei konservativen Reichskanzlern und Reichsministern. Zudem galt er aufgrund seiner Schlüsselposition im Reichsjustizministerium als „graue Eminenz“ der deutschen Justiz. Seine Haltung zur Republik war jedoch ambivalent. Einerseits verweigerte er Kapp die Mitarbeit während des Putsches im März 1920 und bekannte sich zur verfassungsmäßig legitimierten Regierung, jedoch verhalf Joël Republikgegnern, wie Oberreichsanwalt Karl August Werner, in hohe Ämter. Von 1931 bis 1932 wurde er zum Reichjustizminister in der Regierung Brüning ernannt, lehnte es aber ab dieses Amt auch in der Reichsregierung Papen zu übernehmen und ging in den Ruhestand. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er trotz seiner jüdischen Abstammung nicht verfolgt und starb kurz vor Kriegsende 1945 in Berlin.

Wilhelm Hoegner

(© unbekannt, gemeinfrei via Wikimedia)

1887-1980

  • Jurist
  • Reichstagsmitglied 1930-1933
  • Bayrischer Ministerpräsident 1945-1946 und 1954-1957

Hoegner studierte an der Universität München Rechtswissenschaften und wurde 1911 promoviert. Nach Ausbruch des Krieges meldete er sich 1914 als Kriegsfreiwilliger. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er jedoch für untauglich befunden. Von 1918 an arbeitete er kurzzeitig als Assessor und Anwalt, ehe er 1920 zum Staatsanwalt ernannt wurde und ab 1925 als Amtsrichter im Münchener Amtsgericht tätig war. Hoegner war einer der wenigen Vertreter der Justiz, die für die Republik einstanden und war zugleich, neben seiner juristischen Tätigkeit, ein aktives Mitglied der SPD und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. So wurde auf seine Initiative der Untersuchungsausschuss zur „Untersuchung der Vorgänge vom 1. Mai 1923 in München und der gegen Reichs- und Landesverfassung gerichteten Bestrebungen in Bayern vom 26. September bis 9. November 1923“ vom bayrischen Landtag eingesetzt. Zwar blieb der Ausschuss in seinem Bericht zurückhaltend, aber in dem Sondervotum der SPD wurde das Versagen der bayrischen Justiz in diesem Fall konstatiert. Nach der Machtübernahme der NSDAP ging Hoegner ins Exil. 1945 kehrte er aber nach Deutschland zurück und war als bayrischer Ministerpräsident eine der prägendsten Figuren der Nachkriegsgeschichte Bayerns.

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Paul Jorns

(© unbekannt, gemeinfrei via Wikimedia)

1871-1942

  • Jurist
  • Reichsanwalt

Jorns arbeitete im Kaiserreich nach seiner juristischen Ausbildung in der Militärgerichtsbarkeit als Kriegsgerichtsrat. Dieses Amt bekleidete er auch nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs in der Garde-Kavallerie-Schützen-Division. Als er 1919 mit der Aufklärung der Mordfälle Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs beauftragt wurde, zeigte sich seine konservative Gesinnung. Jorns unternahm wenig oder nichts gegen die Vertuschung der Hintergründe der Tat und entließ Verdächtige aus der Untersuchungshaft. Jorns hatte deshalb maßgeblichen Anteil daran, dass der Mordfall der beiden KPD-Führer nie völlig aufgeklärt werden konnte. Umso erstaunlicher ist es, dass er nach diesem Prozess eine steile Karriere erlebte, die ihn in den Rang eines Reichsanwalts hob. 1928 strengte Jorns zusammen mit einem Kollegen einen Prozess wegen Beleidigung gegen einen Journalisten an, der Jorns aufgrund des Liebknecht-Luxemburg-Falls mangelnde juristische Kompetenz vorwarf. Am Ende des aufsehenerregenden Prozesses, bei dem Paul Levi die Verteidigung übernahm, wurde der angeklagte Journalist freigesprochen, erhielt aber nach mehreren Berufungsverfahren eine 500 Mark Geldstrafe. Im Dritten Reich setzte sich Jorns‘ Aufstieg fort. Er trat 1933 in die NSDAP ein, wurde 1934 an den Volksgerichtshof berufen und stieg 1936 in den Rang eines Oberreichsanwalts auf.

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Max Alsberg

(© Bundesarchiv, Bild 183-R99757 / o. Ang.)

1877-1933

  • Jurist und Schriftsteller

Alsberg studierte in München, Berlin, Leipzig und Bonn Rechtswissenschaften und schloss das Studium mi der Promotion zum Dr. jur. ab. Er ließ sich 1906 in Berlin als Anwalt nieder und erhielt später zudem die Zulassung als Notar. Große Bekanntheit erlangte er als Strafverteidiger vieler berühmter Persönlichkeiten. So vertrat er unter anderen den abgesetzten Kaiser Wilhelm II. und den Unternehmer Hugo Stinnes vor Gericht. 1920 verteidigte er den DNVP-Politiker Karl Helfferich in einem aufsehenerregenden Beleidigungsprozess gegen den klagenden Reichfinanzminister Matthias Erzberger. 1931 vertrat er zusammen mit anderen Strafverteidigern Carl von Ossietzky, den Herausgeber der „Weltbühne“, in einem Hochverratsprozess. Im selben Jahr wurde Alsberg als Honorarprofessor an die Berliner Universität berufen. In Folge der „Machergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 endete seine berufliche Karriere jedoch abrupt. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde ihm die Zulassung als Notar entzogen und seine Entlassung als Hochschullehrer stand kurz bevor. Aufgrund der Rassenverfolgung emigrierte Alsberg in die Schweiz und nahm sich aus Verzweiflung über die Zerstörung seiner Existenz im September 1933 das Leben.

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Ein Projekt des Weimarer Republik e.V. mit freundlicher Unterstützung

Glossar

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis der verwendeten Literatur:

ADGBAllgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund
AEGAllgemeine Elektricitäts-Gesellschaft
AfA-BundGeneral Free Federation of Employees
AVUSAutomobil-Verkehrs- und Übungsstraße
BMWBayrische Motorenwerke
BRTBruttoregistertonne
BVPBayerische Volkspartei
CenterZentrumspartei
DAPDeutsche Arbeiterpartei
DDPDeutsche Demokratische Partei
DNTDeutsches Nationaltheater
DNVPDeutsch-Nationale Volkspartei
DVPDeutsche Volkspartei
KominternCommunist International
KPDKommunistische Partei Deutschlands
KVPKonservative Volkspartei
MSPDMehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands
NSNationalsozialismus
NSDAPNationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei; Nazipartei
NVNationalversammlung
O.C.Organization Consul
OHLOberste Heeresleitung
RMReichsmark
SASturmabteilung; Brownshirts
SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands
SSSchutzstaffel
StGBPenal Code
UfAUniversum Film Aktiengesellschaft
USPDUnabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands
VKPDVereinigte Kommunistische Partei Deutschlands
ZentrumDeutsche Zentrumspartei
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[AS]Axel Schildt: Die Republik von Weimar. Deutschland zwischen Kaiserreich und „Drittem Reich“ (1918-1933), hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2009.
[BauerBauer, Kurt, Nationalsozialismus. Ursprünge, Anfänge, Aufstieg und Fall, u.a. Wien 2008.
[BihlBihl, Wolfdieter, Der Erste Weltkrieg 1914 - 1918. Chronik - Daten - Fakten, Wien 2010.
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[PM]Paul Messner: Das Deutsche Nationaltheater Weimar. Ein Abriß seiner Geschichte. Von den Anfängen bis Februar 1945 (Weimarer Schriften, Heft 17), Weimar 1985.
[ThHB]Thüringen-Handbuch. Territorium, Verfassung, Parlament, Regierung und Verwaltung in Thüringen 1920 bis 1995, hrsg. von Bernhard Post und Volker Wahl, Redaktion Dieter Marek (Veröffentlichungen aus Thüringischen Staatsarchiven, Bd. 1), Weimar 1999.
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[VU]Volker Ullrich: Die Revolution von 1918/19, München 2009.
[WinklerWinkler, Heinrich-August, Weimar 1918-1933. Die Geschichte der Ersten deutschen Demokratie, München 1993.
[WirschingWirsching, Andreas, Die Weimarer Republik. Politik und Gesellschaft, 2. erw. Aufl., München 2010.

(zusammengestellt von Dr. Jens Riederer und Christine Rost, bearbeitet von Stephan Zänker)