Orte und Köpfe der Demokratiegeschichte
Die Geschichte der deutschen Demokratie ist noch immer relativ unbekannt. Zahlreiche Orte, an denen wichtige Ereignisse auf dem Weg zu Freiheit, Grundrechten und Partizipation stattfanden, sind in Vergessenheit geraten. Viele mutige Männer und Frauen, die sich auf vielfältige Weise für die Demokratie einsetzten, erfahren kaum öffentliche Würdigung. Dabei wäre es für die Bundesrepublik ein großer Gewinn, sich ihrer demokratischen Wurzeln stärker zu vergewissern. Dadurch wird nämlich deutlich: Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern wurde erkämpft und muss tagtäglich verteidigt und neu justiert werden. Denn Demokratie ist kein fertiges Patentrezept, sie unterliegt einem stetigen historischen Wandel. Die Arbeitsgemeinschaft „Orte der Demokratiegeschichte“ mit inzwischen mehr als 50 Mitgliedsorganisationen engagiert sich seit ihrer Gründung im Jahr 2017 für dieses Ziel. Pünktlich zum 30. Jahrestag der deutschen Einheit kann nun unter www.demokratie-geschichte.de eine umfangreiche Informationsplattform freigeschaltet werden. Auf ihr sind 100 Orte der Demokratiegeschichte und 100 Köpfe der Demokratie ausführlich beschrieben sowie mit Erläuterungen und Verweisen versehen, so dass die Nutzer ein ebenso faszinierendes wie differenziertes Bild von den vielfältigen Demokratisierungsbemühungen in den vergangenen zwei Jahrhunderten erhalten.
Erarbeitet wurde die Internetplattform durch den Weimarer Republik e.V. in Weimar und die Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus in Stuttgart. Die Finanzierung erfolgte mit Mitteln des Deutschen Bundestages aus dem Etat der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Die Projektleiter Dr. Maike Hausen und Dr. Markus Lang haben in den vergangenen Monaten intensive Recherchen betrieben, wissenschaftlichen Rat eingeholt, Informationen zusammen-getragen und attraktiv aufbereitet. In den Listen sind einerseits bekannte Orte wie die Paulskirche oder das Hambacher Schloss und prominente Köpfe wie Georg Büchner (1813-1837) oder Hildegard Hamm-Brücher (1921-2016) aufgeführt. Ergänzt werden beide Projekte durch das ebenfalls auf www.demokratie-geschichte.de präsentierte Angebot „Demokratiegeschichten“, ein Blog von Gegen Vergessen Für Demokratie e.V. , der sich aktuellen wie historischen Themen der Demokratie widmet. Gemeinsam versprechen die Plattformen zahlreiche spannende Entdeckungen von Orten und Namen, die mehr öffentliche Aufmerksamkeit verdient haben.
Die neue Plattform mit den Orten und Köpfen der Demokratie soll Anstoß geben für Diskussion und Kontroverse, und sie soll dazu ermutigen, im kommunalen und regionalen Umfeld nach weiteren, bislang unbekannten Orten und Köpfen der Demokratie zu suchen. Denn die Plattform bietet keinen abgeschlossenen Kanon. Sie wird vielmehr, ähnlich wie die Demokratie, in einem dynamischen Prozess ständig erweitert und umgeschrieben werden. Die beiden Projekte bieten einen reichen Fundus an Orientierung und Vorbildern. Sie kommen gerade recht in einer Zeit, in der die Demokratie wieder unter Druck geraten ist.