Wir erinnern an Michael Schultheiß
Michael Schultheiß stand im 73. Lebensjahr. Sein größtes berufliches und intellektuelles Engagement gehörte sicherlich Afrika, wo er in verschiedenen Ländern, besonders lange in Namibia, die Vertretungen der Friedrich-Ebert-Stiftung leitete. Aber auch die Weimarer Republik spielte eine große Rolle in seinem Leben. Als Leiter des Thüringer Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung sorgte er in den Jahren 2005 bis 2009 dafür, dass dieses Thema in der Stadt Weimar in das Blickfeld der Öffentlichkeit geriet. Er sprühte geradezu Enthusiasmus und Engagement für die erste deutsche Demokratie aus, und dies zu einem Zeitpunkt, als dies noch keineswegs selbstverständlich war. Und mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen, Projekten und Aktionen gewann er nicht nur Menschen in Weimar, sondern weit darüber hinaus für die Aufarbeitung dieser wichtigen Etappe deutscher Demokratiegeschichte. Dabei lernten wir ihn kennen als einen ebenso kenntnisreichen wie liebenswürdigen und humorvollen Menschen, der vieles gesehen und sich trotzdem seinen Idealismus bewahrt hatte.
2009 organisierte er eine kleine Tagung in Weimar zum 90. Geburtstag der Weimarer Republik. Die Festrede hielt die damalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries – und dieses Haus fördert heute großzügig unseren Verein. Wer weiß, ob das Ministerium ohne das frühe Engagement, angestachelt durch Michael Schultheiß, so bereitwillig diese Verantwortung übernommen hätte. Die Konferenz damals war die erste Zusammenkunft von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Geschichts-, der Politik- und der Rechtswissenschaft, die alle das Ziel hatten, das klassische, negative Bild Weimars zu korrigieren und die Weimarer Republik als starke und gut strukturierte demokratische Republik zu interpretieren. Sie war eine Initialzündung. Vereinzelt hatten schon viele Kollegen daran gearbeitet, durch die Initiative von Michael Schultheiß kamen sie erstmals physisch und auch emotional zusammen – die schriftlichen Ergebnisse sind unten abrufbar. In bezeichnender Bescheidenheit hatte sich Michael Schultheiß in diesem Band nur als „Redaktioneller Bearbeiter“ eingetragen. Aber er war der Herausgeber, und mehr noch: die treibende Kraft hinter dem Projekt.
Nach dem Ausscheiden aus der Berufstätigkeit war er einige Jahre direkt für unseren Verein in Berlin tätig, wo er seine vielfältigen politischen Kontakte und sein politisches Fingerspitzengefühl für unser gemeinsames Anliegen sehr erfolgreich einsetzte. Wir haben einen Mitstreiter und Freund verloren. Seiner Familie drücken wir unser tiefempfundenes Beileid aus.
Michael Dreyer im Namen des Weimarer Republik e.V.
Link zur Publikation über „Wert und Wirkung“ der Weimarer Reichsverfassung