Gedenken an Walther Rathenau
Am 24. Juni 2022 jährt sich die Ermordung Walther Rathenaus zum 100. Mal. Er war eine der zentralen Symbolfiguren der Weimarer Republik, ein jüdischer Industrieller und Intellektueller, weltläufig, liberal, kunstsinnig und international geachtet. Als Wiederaufbauminister und zuletzt als Außenminister setzte er seine ganze Kraft für die Stabilisierung der jungen Demokratie ein und suchte dabei nach Wegen zum Ausgleich und zur Aussöhnung mit den einstigen Gegnern Deutschlands im Ersten Weltkrieg. Gerade dieses Engagement machte ihn zum Ziel rechter Gewalttäter – sie erschossen ihn auf offener Straße.
Gesellschaft und Politik in der Weimarer Republik reagierten auf diesen Gewaltakt mit Entsetzen: Hunderttausende Menschen in ganz Deutschland demonstrierten gegen Gewalt und für die Republik, der Reichstag verabschiedete das Republikschutzgesetz. Die Weimarer Republik erwies sich als wehrhaft.
Der Mord an Walther Rathenau und das gesellschaftliche Klima, das ihn erst möglich machte, besitzen angesichts der zunehmenden Unversöhnlichkeit in unserer Gesellschaft eine erschreckende Aktualität. Hass und Hetze gegen politische Gegner, ob auf öffentlichen Versammlungen oder via anonymer Mail nehmen zu und bereiten den Weg für Gewalttaten. Sensibilität gegenüber Ausgrenzungen und Angriffen zu fördern, gehört deshalb zu unseren vordringlichen demokratischen Pflichten.
Die Deutsche UNESCO-Kommission, der Verein Weimarer Republik e.V. und die Walther-Rathenau-Gesellschaft möchten deshalb am 24. Juni 2022 an den Mord vor 100 Jahren und seine Folgen erinnern. In Berlin wird es dazu eine zentrale Gedenkveranstaltung im Deutschen Historischen Museum geben. Den drei Organisationen ist es jedoch ein Anliegen, die Erinnerung an möglichst vielen Orten in Deutschland zu fördern. Wichtige Ankerpunkte in diesem Zusammenhang sind Straßen, Plätze und Gedenkorte, die nach 1945 (wieder) nach Walther Rathenau benannt wurden. Von ihnen gibt es deutschlandweit mehr als 300, überall dort sollen am 24. Juni kleine Aktionen stattfinden. Vorgesehen sind kurze Clips an den Straßenschildern, in denen an Walther Rathenau erinnert wird. Zusätzlich sind in einer Reihe von Städten größere Veranstaltungen unter Beteiligung der deutschen UNESCO-Projektschulen vorgesehen.