Nachwuchstagung 2023: Modernisierung oder Beharrung? Gesellschaft und Politik in der Weimarer Republik
Vom 12. bis 13. Oktober fand in Jena die achte Tagung für den wissenschaftlichen Nachwuchs der Forschungsstelle Weimarer Republik und des Weimarer Republik e.V. statt. In einem interdisziplinären Mix stellten Forschende ihre laufenden oder kürzlich abgeschlossenen Vorhaben vor.
In der Öffentlichkeit wie in der Forschung gilt die Weimarer Republik als eine Zeit der gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Widersprüche. Auf der einen Seite entfesselte der Aufbruch in die Demokratie eine enorme Dynamik der Modernisierung. Zugleich sahen sich viele von diesem Tempo bedroht, wehrten es ab oder kämpften sogar gegen Prozesse der Modernisierung an. Auch die politischen Spaltungen der Weimarer Zeit sind auf diese widersprüchlichen Dynamiken zurückzuführen.
Die Bandbreite der Themen war weit gefasst: aus der Architekturgeschichte, der Geschichte der Stadtplanung, der Theatergeschichte, der Literaturwissenschaft, der (postkolonialen) Geschlechtergeschichte, der Kunstgeschichte, der politische Regionalgeschichte, der Parteiengeschichte und der Ideengeschichte wurden Themen vorgestellt. Deutlich wurde, dass sich einzelne Phänomene nur selten klar der „Modernisierung“ oder „Beharrung“ zuordnen ließen. Außerdem wurde herausgestrichen, dass der Aufbruch in die Moderne keinesfalls nur ein Phänomen weniger Metropolen war, sondern dass er sich dank medialer Verbreitung und persönlicher Netzwerke überall im Lande und auch in der Provinz vollzog. Und selbst die Kräfte der Beharrung ließen sich in ihrer Kritik auf moderne Mittel und Verfahren ein.
Neben der üblichen Exkursion zum Haus der Weimarer Republik, die um einen Besuch im Stadtmuseum und im Museum Neues Weimar ergänzt wurde, hielt Prof. Dr. Michael Dreyer einen Abendvortrag über „Die aristokratischen Republikaner. Die Familie Mann und die Verteidigung der Republik“. Ein besonderer Höhepunkt in der Geschichte der Nachwuchstagungen bestand darin, dass die erste transatlantische Teilnehmerin zum Austausch in Thüringen begrüßt werden konnte. Ein Tagungsband in den „Weimarer Schriften zur Republik“ soll die Konferenz möglichst bald dokumentieren.