Sonderausstellung „Trauma 23“ eröffnet
Das Haus der Weimarer Republik, der zentrale Erinnerungsort an die erste deutsche Demokratie, zeigt seine erste Sonderausstellung im Erweiterungsbau: Unter dem Titel „Trauma 23 – Deutschlands Hyperinflation vor 100 Jahren“ wird die massivste Geldentwertung der deutschen Geschichte in all ihren Facetten beschrieben.
Im Jahr 1923 brachen in Deutschland alle Dämme: Die Inflationsspirale drehte sich immer schneller, die Währung stürzte ins Bodenlose. Für die Zeitgenossen waren es Monate, in denen alle Gewissheiten auf den Kopf gestellt schienen. Die grotesken Auswüchse einer grenzenlosen Geldentwertung brannten sich tief in das kollektive Gedächtnis der Deutschen ein.
„Die Hyperinflation vor 100 Jahren ist eines der Schlüsselereignisse der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert“, erklärt Dr. Marcel Böhles, Kurator des Hauses der Weimarer Republik. Das Erlebnis der fast vollständigen Vernichtung aller Geldersparnisse, der wirtschaftliche Ruin breiter Schichten des Volkes und die daraus resultierenden Ängste hätten sich verheerend ausgewirkt. Somit stelle die Hyperinflation einen erheblichen Anteil an der Zerstörung der Weimarer Republik nur ein Jahrzehnt später. „Sie verwandelte unzählige Biografien in Verlierergeschichten und er-schütterte die Menschen womöglich noch stärker als die Kriegsniederlage fünf Jahre zuvor“, stellt Dr. Böhles fest.
Die Sonderausstellung „Trauma23“ stellt die Frage nach Ursachen und Schuld für die Hyperinflation als einer Erblast des verlorenen Krieges. Sie lässt Zeitgenossen zu Wort kommen, die die Auswirkungen der Inflation plastisch schildern – ob als Leidtragende oder Profiteure. Besucher erfahren die aberwitzigen Auswüchse der Inflation ebenso wie deren abruptes Ende durch die Währungsreform im Winter 1923/24. Dabei werden unterschiedliche Vermittlungsformen eingesetzt: großformatige Tafeln mit Bildern, kurzen Texten und Grafiken, Filmaufnahmen von damals und heute, Experteninterviews und interaktive Medienstationen.
Das Kuratorenteam hat sich auch mit den langfristigen Auswirkungen der Hyperinflation von 1923 beschäftigt. Die Ausstellung beschreibt unseren heutigen Umgang mit Geldentwertung, berichtet von ihrem Vorkommen in anderen Ländern und klärt darüber auf, wie sie entsteht und begünstigt wird. Geplant wurde das Thema der Sonderausstellung bereits vor drei Jahren, da-mals ahnte niemand, dass es im Jahr 2023 eine ziemlich hohe Aktualität aufweist. „Doch der zahlenmäßige Vergleich macht deutlich, dass wir von einer Hyperinflation sehr weit entfernt sind“, betont Dr. Böhles. Während wir heute schon bei 10 Prozent Teuerungsrate pro Jahr unruhig würden, seien es vor 100 Jahren 10.000 Prozent gewesen – pro Monat.
„Geld ist letztlich eine Sache des Vertrauens“, lautet das Fazit der Ausstellung. Sein Wert hänge ab von einer entsprechenden Zuschreibung durch die Gesellschaft.
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