Thüringen wählt
Selten standen Landtagswahlen so sehr im Fokus der Öffentlichkeit: Wenn am 1. September in Thüringen und Sachsen und am 22. September in Brandenburg gewählt wird, dann steht nicht nur, wie üblich, die Politik der jeweiligen Landesregierungen auf dem Prüfstand. Auch ein etwaiger Denkzettel für die Bundesregierung ist nicht ein beherrschendes Thema, wie das sonst zuweilen der Fall ist. Vielmehr wird offen über den Fortbestand der Verfassungsordnung diskutiert. Viele Menschen haben Angst davor, dass sich das Geschehen am Ende der Weimarer Republik wiederholt, dass die liberale Demokratie von innen her ausgehöhlt und mit den eigenen Waffen geschlagen wird.
In den Führungen im Haus der Weimarer Republik steht dieses Szenario seit längerer Zeit im Mittelpunkt der Besucherinteressen. Besorgt wird die Frage aufgeworfen, ob wir schon wieder „Weimarer Verhältnisse“ haben. Und ja, es gibt wahrnehmbar Parallelen zur damaligen Zeit: eine starke Verunsicherung in der Bevölkerung, wirtschaftliche Probleme, einen großen Veränderungsdruck mit überforderten Entscheidungsträgern und ein Parteiengefüge, welches sich stark wandelt, eine zunehmende Polarisierung inmitten einer Medienrevolution und eine wachsende Unversöhnlichkeit, gepaart mit einem Aufschwung von Ideologien mit alleinigem Wahrheitsanspruch. All das sind Faktoren, die die liberale Demokratie gefährden. Aber sie wirken bei weitem nicht so stark wie Anfang der 1930er Jahre. Wir sind zum Glück noch weit weg vom Elend der Weltwirtschaftskrise, von der damaligen Gewalt auf der Straße, von der Demokratieskepsis der damaligen Eliten – davon, dass Demokratiefeinde die Staatsspitze erobert haben.
Damit es nicht so weit kommt, damit unsere Demokratie stabil bleibt, sind die Wählerinnen und Wähler gefragt, wohl überlegte Entscheidungen zu treffen. Die Demokratie an der Wahlurne zu verteidigen, das heißt: ihre Mitte zu stärken, Parteien zu wählen, die unzweifelhaft auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, Koalitionen zu ermöglichen, die stabile Regierungen hervorbringen. Das ist eine große Verantwortung. Der Weimarer Republik e.V. ruft alle Bürgerinnen und Bürger auf, diese Verantwortung ernst zu nehmen und zu wählen. Wer das nicht tut, braucht sich hinterher nicht zu wundern, wenn andere über unsere Demokratie entschieden haben.