Silvester
In der Silvester-Ausgabe des Vorwärts findet sich folgendes Gedicht, in welchem der Autor mit musikalischen Hinweisen die politische Zerrissenheit der Gesellschaft zwischen Monarchie, Bolschewismus und Demokratie anspricht. Die Schlusszeile endet hoffnungsfroh durch einen Hinweis auf die baldigen Wahlen mit einer Zeile aus der "Deutschen Arbeiter-Marseilles". Die volle Strophe lautet:
"Das freie Wahlrecht ist das Zeichen
in dem wir siegen, nun wohlan!
Nicht predigen wir Haß den Reichen
nur gleiches Recht für jedermann"
Volltext:
Man trägt das alte Jahr vorüber.
Am Wege steht ein Leiermann
und dreht die Kurbel, was er kann.
Mir wird`s beim Hören trüb und trüber.
Auweih! „Heil dir im Siegerkranze…“
Galt das nicht für Wilhelmus Rex?
Ja, ja Damit ist`s gründlich ex.
Die Weltgeschichte ging aufs Ganze.
Was traurig hinterm Sarge wandelt,
das hielt sich für von Gott bestimmt –
jetzt wird ihr Tand und Ordenszimt
nur noch zum Schmelzwert eingehandelt.
Jetzt nach dem nämlichen Besitzer
ein neuer Text: „God save the king…“?
Verdammt, das ist das gleiche Ding!
Was einst der Junker, wird’s der Mister?
Und wieder singt aus neuem Streifen
ein moskowitisch Elendslieb.
Das ist zu viel für mein Gemüt:
Hör` auf, hör` auf mit deinem Pfeifen!
Da geht von dem Gesicht, dem bleichen,
ein Leuchten aus wie Hoffnungsglanz;
und leise klingt es wie zum Tanz:
„Das freie Wahlrecht ist das Zeichen…!“
Quelle:
Vorwärts vom 31.12.1918
In: http://fes.imageware.de/fes/web/
Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Lassalle#/media/File:%D0%A4%D0%B5%D1%80%D0%B4%D0%B8%D0%BD%D0%B0%D0%BD%D0%B4_%D0%9B%D0%B0%D1%81%D1%81%D0%B0%D0%BB%D1%8C.jpg