Klemperers Ärger mit dem Lektor
Während die Publikation seines "Revolutionstagebuchs" nicht in die Wege geleitet werden konnte, kann Klemperer von der Veröffentlichung eines seiner Artikel in den Leipziger Neuesten Nachrichten berichten, auch wenn dieser teilweise nicht korrekt lektoriert wurde. Trotzdem ist er sehr froh über dessen Veröffentlichung.
Volltext:
Sonntag früh 18/Mai
Den »Schill«-Artikel (s. 11/V Tgb) haben die L. N. N. als Leitartikel am Mittwoch Abend 14/5 gebracht. Aber höchst charakteristisch: Von dem Satz: »Da gerieten auch die Truppen in Raserei und übten Standrecht aus, selbst dort wo ein Kriegsgericht nicht auf Tod erkannt hätte«, ist der Nebensatz fortgefallen. Trotzdem ist mein Artikel noch immer unparteiisch genug. Ein paar böse Druckfehler, wie »phrenetisch«, Hausrecht statt Standrecht. Ich war über den Druck nach dem Schicksal der Revolutionstagebücher so erfreut, daß ich die Sache erst unbarmherzig Eva vorlas, die totmüde aus vielen Akademiestunden kam, dann Hans M., den ich vor dem Abendbrod besuchte, dann Heilbronn u. Reyers bach, mit denen wir im Stephanie saßen u. die dann noch zu uns heraufkamen. - [...]
Quelle:
Nowojski, Walter (Hrsg.), Victor Klemperer. Leben sammeln, nicht fragen wozu und warum. Tagebücher 1918 - 1924, Berlin 1966, S. 116 f.
Bild:
https://en.wikipedia.org/wiki/Victor_Klemperer#/media/File:Bundesarchiv_Bild_183-S90733,_Victor_Klemperer.jpg